Statement zum Beitrag von Ulli Zelle in der rbb24-Abendschau vom 02.12.2023: „Waschbären auf dem Vormarsch“
Schade. Ein einseitiger und manipulativer Bericht, der, so scheint es, die schlechte persönliche Meinung des Moderators und Sängers Ulli Zelle über Waschbären zum Ausdruck bringt. Eine Woche zuvor erschien – ebenfalls in der rbb24 Abendschau – der gut recherchierte Beitrag des Kollegen Sami Chahbani zu unserer Arbeit. Zelles Bericht scheint kurzerhand als Reaktion darauf erstellt worden zu sein, werden doch u.a. aus dem Zusammenhang gerissene Ausschnitte aus Chahbanis Beitrag verwendet. Herr Chahbani stellte unser vom Berliner Senat und dem deutschen Tierschutzbund gefördertes Pilotprojekt zum Schutz der Waschbären vor, das durch Kastration und Sterilisation die Population der Berliner Waschbären tierschutzgerecht regulieren will. Dies ist ein international beachteter Beitrag zur friedlichen Koexistenz von Mensch und Waschbär in Berlin.
Und was macht Herr Zelle daraus?
Er interviewt einige verärgerte Berliner*innen, in deren Haus sich Waschbären eingenistet haben. Statt konstruktive Lösungen zu zeigen, werden sinnlose bauliche Abwehrmaßnahmen hervorgehoben nach dem Motto „Wir haben alles getan! Trotzdem werden wir die Waschbären nicht los“. Zelle legt ihnen – journalistisch sehr unfein – Worte in den Mund: „Die Wut ist da?“ „Ja sicherlich!“. Außerdem wurden Worte der befragten Wildbiologin aus dem Zusammenhang gerissen, damit sie ins traurige Bild des Sängers vom „Untier Waschbär“ passen. Der Ruf der Betroffenen nach behördlichen Maßnahmen wird laut. Will Herr Zelle damit etwa dem in Berlin immer noch gesetzlich verbotenen Fang und Abschuss der Waschbären den Weg ebnen?
Die Arbeit des Vereins Hauptsache Waschbär wird als schräge Sammelleidenschaft verunglimpft. Immerhin wurde der Verein für seine zukunftsweisende Arbeit mit dem Tierschutzpreis des Landes Berlin 2023 sowie dem Deutschen Tierschutzpreis 2023 ausgezeichnet. Mit keinem Wort wird auf Inhalte eingegangen. Weder wird das vereinsbetriebene Beratungstelefon für Betroffene erwähnt, noch unser Bestreben, die Population durch Kastration und Aufklärungsarbeit zu reduzieren, da die Jagd auf Waschbären, wie Studien belegen, keine wirkungsvolle Regulationsmethode darstellt.
Alles in diesem Beitrag deutet darauf hin, dass Herr Zelle eine ganz persönliche Vendetta gegen Waschbären auslebt, getarnt als Bericht über Betroffene – dank der rbb24-Abendschau leider vor einem großen Publikum. Mit diesem Beitrag wird die Kluft zwischen Waschbärhassenden, die sich nicht mit der Biologie der Tiere auseinandersetzen, und denen, die an sinnvollen Lösungen für alle Beteiligten interessiert sind, vertieft. Wo ist der Anspruch an gute journalistische Arbeit geblieben?
Spätestens in dem Moment aber, wenn der Jäger kleine Waschbären vor den Augen von Kindern und Enkelkindern erschießen will, und die Kinder dies nicht akzeptieren, wird auch jemand wie Herr Zelle sich hilfesuchend an den Verein Hauptsache Waschbär e.V. wenden. Und wir werden helfen – den Waschbären, seinen Kindern, seinen Enkelkindern und ihm auch.
Dr. Mathilde Laininger
(Team Hauptsache Waschbär e.V.)
– NACHTRAG –
Statement der im Beitrag interviewten Wildbiologin Carolin Weh gegenüber Ulli Zelle vom 05.12.2023:
„Ich bin ehrlich gesagt ein wenig überrascht, was Sie aus meinen Aussagen entnommen haben und was dies nun für ein Bild zeichnet. Der Beitrag ist meines Erachtens Meinungsmache und keine Aufklärung. Damit ist niemandem geholfen. Außer, dass er vielleicht Jagenden in die Hände spielt, die entgegen wissenschaftlicher Erkenntnisse immer noch der Meinung sind, dass eine Jagd auf Waschbären irgendeinen positiven Effekt bezüglich einer Bestandsdezimierung haben könnte.“